SERIE: Innovation made in Hamburg

Disrupt yourself: Erstdiagnose aus der Smart Watch

8. September 2023
Zukunft braucht Innovation. Alle wollen sie. Aber wie bekommt man sie nachhaltig in Unternehmen? Vor allem drei Dinge sind entscheidend. Neue Serie

Märkte erobern, Mitbewerber:innen den entscheidenden Sprung voraus sein, begeisterte und veränderungsbereite Mitarbeitende – ein Traum jedes Unternehmens. So auch des Hamburger Spin-offs Dpv-Analytics. Die Vision: neue Maßstäbe in der Herz- und Schlaganfall-Prophylaxe setzen. In Kooperation mit dem Exponential Innovation Institute (EXII) berichten die Hamburg News in loser Folge von Unternehmen, die mithilfe sogenannter exponentieller Innovation und künstlicher Intelligenz neue Märkte eroberten: Innovation made in Hamburg.

Dpv-Analytics wurde von Ärzten des Cardiologicums in Hamburg gegründet, um mit Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) neue Lösungen in der Behandlung von Schlaganfällen zu entwickeln. Denn: Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Volksleiden und Todesursache Nr. 1. Jeder vierte Schlaganfall in Deutschland ist auf Herzrhythmusstörungen zurückzuführen und könnte möglicherweise verhindert werden.

KI-Analysesoftware im Einsatz

Zusammen mit EXII entwickelte das dpv-Team um Philip Nölling eine exponentielle Wachstumsstrategie. Im Gegensatz zu linear wachsenden Geschäftsmodellen wird das Produkt so designed, dass es das Potenzial für eine exponentielle Skalierung besitzt und damit zum Marktführer in seiner Branche werden kann. Kernprodukt von Dpv-Analytics ist das smarte Herzscreening-System „Myritmo“. Bestehend aus dem kabellosen Mini-EKG Ritmo, einer durch künstliche Intelligenz gesteuerten Analysesoftware und der ärztlichen Validierung jeder Untersuchung. Das Myritmo System kann von Ärzten gemietet werden, bedarf keiner weiteren Investition und sei innerhalb weniger Minuten in jeder Praxis installierbar.

Die Wachstumsstrategie von Myritmo

Die Frage war nun, wie Myritmo in ein exponentielles Wachstum gelangen kann. Als Treiber hierfür wurde das neu eingeführte Produkt „Cardio Check“ identifiziert – die skalierbare Erstdiagnose von Kurzzeit-EKGs aus der Smart Watch. Aufzeichnen, an cardio(at)myritmo.de senden und innerhalb eines Werktages einen ärztlich validierten Befund erhalten. Durch hochautomatisierte und skalierbare Prozesse sowie eine klare Kundenfokussierung soll der Cardio Check den stark wachsenden Analysemarkt für Kurzzeit-EKGs bereits zum Zeitpunkt seines Entstehens besetzen.

Entwickelt wurde die Wachstumsstrategie in vielen kleinen Loops, sogenannten Sprints. Dabei geht es darum, herauszufinden, was die Kund:innen am Ende annehmen, also um Co-Creation mit den Kund:innen. Es werden Prototypen entwickelt und getestet – Loops, Experimente, Hypothesen. Denn das ist bei Innovation entscheidend: Das Mindset, insbesondere der Führung, agile Methoden und die Bereitschaft, sich und sein Produkt immer wieder neu zu erfinden.

Die Dpv-Gründer Dr. Philip Nölling und Dr. Stephan Kranz

Mit agilen Methoden zum Erfolg

Design Thinking ist dabei die Methode für die Entwicklung der Customer Journey. Also, wie die Kund:innen das Produkt wahrnehmen. Auch ist wegen der vielen Loops ein neues Mindset bei der Fehlerkultur entscheidend. „Die wichtigste Aufgabe ist die Entwicklung einer neuen Haltung in der Führung: Bisher sagen die Chefs, was zu tun ist. Jetzt sagen die Mitarbeitenden, wo sie Unterstützung brauchen. Das ist eine Haltung, die gelernt werden will“, so Uve Samuels, Geschäftsführer vom Exponential Innovation Institute.

Dr. Philip Nölling: „Wir haben mit den agilen Methoden die Potenziale des Produktes am Markt gesteigert. So konnten wir die Geschwindigkeit und die Qualität der Entscheidungen jeweils um den Faktor 10 steigern.“ Inzwischen wurde das System vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem renommierten German Medical Award. „DPV Analytics ist ein Musterbeispiel dafür, wie mit einem Kulturwandel und der Einführung agiler Methoden eine Wachstumsstrategie Schritt für Schritt Wirklichkeit wird“, betont Samuels.

Glossar: agile Methoden

A: Design Thinking

In fünf aufeinander aufbauenden Schritten (Einfühlen, Definieren, Ideen, Prototyp, Test) wird das neue Produkt entwickelt. Ein Team mit unterschiedlichen Kompetenzen bzw. Perspektiven steuert den Prozess. Durch die Zusammenarbeit mit den Kund:innen wird das neue Produkt immer weiter optimiert.

B: Kanban

Mit dieser von Toyota entwickelten Projektmanagement-Methode wird die Geschwindigkeit und die Qualität des neuen Produktes optimiert. Auf einem Board werden die einzelnen Entwicklungsschritte dokumentiert. Durch Fokussierung auf die wichtigsten und dringlichsten Themen werden z. B. Fehlentwicklungen der Organisation vermieden.

C: Lean Startup

Mit dieser Methode werden die einzelnen Produkteigenschaften (z. B. Zielgruppe, Abomodell, Preismodell, Story, Positionierung) am Markt erprobt und in vielen schnellen Loops immer weiter optimiert. Dafür wird es gebaut (Build), das Feedback erhoben (Measure) und Erkenntnisse ausgewertet (Learn).

D: Scrum

Mit dieser Methode entwickeln IT-Teams neue Produkte in Sprints. Dazu wird das Produkt in einzelne Bausteine zerlegt und dann in Sprints entwickelt, die eine bis vier Wochen umfassen.

E: Objectives and Keq Results (OKR)

Im Mittelpunkt steht die Frage der Führungsperson: Was soll erreicht werden? Darauf basierend legt das Team die Kriterien für die Zielerreichung gemeinsam mit der Führung fest. Das sind die sogenannten Keq Results. In einem Sprintmodus versucht das Team diese Ziele zu erreichen und durch gezielte Lernphasen alle Hürden bei der Produktentwickelung zu überspringen.

Dieser Artikel ist in Kooperation mit Uve Samuels vom Exponential Innovation Institute entstanden.

us/kk/nj/sb

Quellen und weitere Informationen

Exponential Innovation Institute

Das Exponential Innovation Institute in Hamburg begleitet Corporates, Startups und Institutionen bei der Entwicklung von Produkten und Geschäftsmodellen für die Welt und die Wirtschaft von morgen.

EXII ist einer der Founder des AI Startup Hub in Hamburg. Zusammen mit AI Hamburg, Artificial Intelligence Center Hamburg ARIC, Hamburg Innovation, MLE Machine Learning in Engineering der TU Hamburg und der German Entrepreneurship GmbH werden im Auftrag des Bundes innovative Startups bei der Anwendung von künstlicher Intelligenz gefördert. Das Institut hat die Regeln für exponentielles Wachstum in Europa erforscht.

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