Umwelt

So stärkt Hamburg seine Klimaresilienz

27. Juli 2021
Seit der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz rücken klimaanpassende Maßnahmen in den Fokus

Hamburg ist eine wachsende Stadt und eine besonders grüne und lebenswerte Metropole. Um Überschwemmungsrisiken wie zurzeit in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zu vermindern, werden Flächen, die Regenwasser aufnehmen können, immer wichtiger. Hamburg muss zur Schwammstadt werden, heißt es denn auch im Hamburger Klimaplan. Das Prinzip der Schwammstadt sieht vor, anfallendes Regenwasser möglichst vor Ort verdunsten oder versickern zu lassen, um so die Siele zu entlasten und Überschwemmungen vorzubeugen.

Kooperation von Stadt und Wissenschaft

Tatsächlich verfolgt die Stadt verschiede Ansätze, um Hamburgs Klimaresilienz zu stärken und setzt dabei auch auf Unterstützung aus der Wissenschaft. Kooperationsprojekte der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft und der HafenCity Universität Hamburg (HCU) sind etwa RISA (RegenInfraStrukturAnpassung), das sich eine wassersensible Stadtentwicklung zum Ziel gesetzt hat oder die Gründachstrategie für Hamburg. Durch die Bepflanzung von flachen oder flach geneigten Dächer wird eine Art Schwamm-Effekt angestrebt. „Je nach Dachtyp, Begrünung und Erdschicht können 50 bis 100% des Regens gespeichert werden und der Effekt funktioniert durchaus auch bei Starkregen“, weiß Michael Richter. Der Diplom-Geoökologe forscht an der HCU zum Thema ‚Grüne, urbane Infrastrukturen‘. Richter unterscheidet zwischen Extensiv -und Intensivdächern. „Während auf Extensivdächern etwa anspruchslose und trockenheitsresistente Pflanzen wie Mauerpfeffer oder Fette Henne gepflanzt werden, ist auf Intensivdächern so gut wie alles möglich, bis hin zum Gemüseanbau.“

Michael Richter, Diplom-Geoökologe an der HCU

Gründächer: Die Kosten rechnen sich

Die zusätzliche Last sei für Neubau-Projekte kein Problem, weiß der Experte. Bei Altbauten hingegen müsse die Statik entsprechend überprüft werden. Und auch Hamburgs Solaroffensive, die ab 2023 eine Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen auf Hamburgs Dächern im Neubau vorsieht, stehe der Pflanzenwelt in luftiger Höhe nicht im Wege. „Beide Strategien machen einander keine Konkurrenz“, betont Richter. Vielmehr ließen sie sich kombinieren, indem die Kollektoren auf Ständern montiert werden und die Pflanzen drum herum wachsen. Bleibt noch der Kostenfaktor „Gründächer sind teurer, rechnen sich aber langfristig“, so Richter. Während herkömmliche Flachdächer nach 20 bis 25 Jahren erneuert werden müssten, schütze die zusätzliche Haut aus Erde und Pflanzen das Dach, so dass eine Sanierung erst nach etwa 40 Jahren nötig sei.

Gründach auf der HCU

Prognose von Starkregenereignissen

Zudem haben Gründächer eine kühlende Wirkung auf die Umgebung und wirken nach innen wie ein Hitzeschild. So bleibt die Wärme draußen, während es drinnen kühl bleibt, was wiederum die Energiekosten für Heizung und Kühlung senkt. Weitere Vorteile für die Umwelt: Die begrünten Dächer schlucken Lärm und die Pflanzen filtern Schadstoffe aus der Luft. „Außerdem kommt es zu einer – wenn auch begrenzten – Reduzierung von CO2.“ Auch die Biodiversität der Stadt werde durch Gründächer unterstützt, denn sie bieten Lebensräume für Insekten und Vögel, ergänzt Richter. Und schließlich ist jedes Instrument willkommen, dass die Auswirkungen von Starkregen mildert. Die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz war zwar besonders verheerend – die Bundesregierung hat inzwischen Soforthilfen in Höhe von 400 Millionen Euro beschlossen – doch auch Hamburg verzeichnet jedes Jahr mehrere Starkregen-Ereignisse. „Diese treten in der Regel besonders kleinräumig auf“, sagt Richter. Genau das jedoch erschwere die effektive Prognose. Meteorologen können den Starkregen als solchen vorhersagen, nicht jedoch, wo genau er auftritt.

Bienenfreundlicher Lebensraum

Sportplätze: Spiel und Spaß und Notentwässerungsanlage

Der Deutsche Wetterdienst unterscheidet Starkregen in 3 Stufen. Bei Stufe 3, extremes Unwetter, fallen mehr als 60 Liter Regen pro Quadratmeter in 6 Stunden. „Starkregen ist keine Folge des Klimawandels, Starkregenereignisse gab es schon immer. Aber der Klimawandel führt zu einer Verstärkung und Häufung dieser Ereignisse“, erklärt der Klimaforscher und plädiert neben Gründächern für mehr multifunktionale Flächen. „Spielplätze oder Parks können sowohl Freizeit- und Erholungsorte sein, als auch moderne Überflutungsflächen.“ Ein Beispiel ist das Hein-Klink-Stadion in Billstedt. Im Juni wiedereröffnet, bietet es nun zeitgemäße und multifunktionale Sportflächen und schützt zugleich als Notentwässerungsanlage das Quartier vor Überflutungen bei Starkregenereignissen.
ys/kk/sb

Quellen und weitere Informationen

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