Kongress

Mobilitätsmanagement der Zukunft für die Metropolregion

3. Juni 2019
Der Verkehrswende in der Metropolregion den Weg ebnen. Im Elbcampus Hamburg wurden Bestpraxis-Cases diskutiert. Zum Beispiel Firma Dräger aus Lübeck

Wie sieht die Zukunft der Mobilität aus? Wie müssten die Rahmenbedingungen gestaltet werden, um den Bedürfnissen aller verkehrsteilnehmenden Gruppen gerecht zu werden – von kleinen Kindern bis zu Senioren – ohne dabei den für eine Metropolregion unvermeidlichen Wirtschaftsverkehr aus dem Blick zu verlieren? „Die Zukunft ist multimodal, postfossil und öffentlich-digital“, ist Theo Jansen überzeugt. Der Vorsitzende der Deutschen Plattform für Mobilitätsmanagement (e.V.) hielt die Key Note zur Tagung „Mobilitätsmanagement in der Metropolregion Hamburg – Potentiale und Erfolgsfaktoren“ Ende Mai im Elbcampus Hamburg.

Verkehrswende bietet vielfältige Vorteile

Das Auto war lange Zeit der Motor großer soziologischer Veränderungen, aber vor dem Hintergrund der Klimaschutzbestrebungen werde es immer drängender, Alternativen zu bieten, führt Jansen aus und betont die vielfältigen Vorteile einer Verkehrswende: Weniger Staus, Stress und Lärm sowie eine bessere Luftqualität, die zu einer verbesserten Gesundheit für alle führt. Und wer etwa vom Auto aufs Fahrrad umsteigt, tut zusätzlich etwas für seine Gesundheit.

Hamburg 2018: Pendler standen durchschnittlich 139 Stunden im Stau

Tatsächlich nutzen bereits immer mehr Menschen in Deutschland das Fahrrad oder den öffentlichen Nahverkehr für den Weg zur Arbeit. Doch wie ist der aktuelle Stand der Dinge? „Rund 17 Kilometer pendeln Deutsche im Schnitt zur Arbeit und zwei Drittel aller Arbeitnehmer fahren dazu mit dem Auto“, erklärt Stefan Haendschke vom Auto Club Europa e.V. (ACE). Neun von zehn sitzen dabei allein im Auto. 2018 standen Pendler in Hamburg durchschnittlich 139 Stunden im Stau – und vor allem: Zwei Drittel aller Arbeitnehmer empfinden ihren Arbeitsweg als anstrengend. „Es gibt also gute Gründe, sich um eine Verlagerung des Pkw-Verkehrs auf Bus und Bahn bzw. Fuß und Fahrrad zu bemühen, Fahrgemeinschaften den Weg zu ebnen oder sich ganz schlicht um Verkehrsvermeidung zu bemühen“, findet Haendschke.

Mit attraktiven Angeboten etablierte Mobilitätsroutinen durchbrechen

Verzicht zu predigen hält er dabei für den falschen Weg. Er plädiert stattdessen für attraktive Alternativen zum Auto, um etablierte Mobilitätsroutinen zu durchbrechen. „Das ist gerade auf lokaler Ebene, wie in Betrieben, gut möglich. Hier lässt sich ein ganzer Strauß von Möglichkeiten präsentieren“. Klassische Ansätze sind dabei etwa Jobtickets oder Duschen und Sozialräume für Fahrradfahrer. Relativ neu seien monetäre Anreize, beispielsweise für Parkplatz-Verzicht. Oder ein Blick über das Unternehmensgrundstück hinaus: Ist der Weg zur nächsten Haltestelle sicher und sauber? Sichtbare Verbesserungen in dieser Hinsicht hätten eine deutlich motivierende Wirkung. Und beim Stichwort Sichtbarkeit nennt Haendschke ein praktisches Beispiel: „Ein Monitor im Unternehmens-Foyer, der Abfahrten von Bus und Bahn anzeigt, ist ein ausgesprochen effektiver Ansatz.“ Welche Ansätze nun das größte Potential hätten, „lässt sich am besten durch eine Analyse der Zielgruppe ermitteln“, weiß Haendschke.

600 Stellplätze eigens für Fahrräder in der Tiefgarage

Das Medizin- und Sicherheitstechnik-Unternehmen Dräger in Lübeck hat im vergangenen Jahr eine betriebliche Mobilitätsumfrage durchgeführt. 1.500 von 5.500 Mitarbeitern nahmen daran teil. Ein Ergebnis: Rund 20% der Mitarbeiter wohnen in einem Radius von unter fünf Kilometern, kommen aber mit dem Auto. Diese Mitarbeiter würde Rainer Grendel gern davon überzeugen, aufs Fahrrad umzusteigen – nach eigenem Vorbild. Grendel ist Umweltmanager bei Dräger, wohnt 15 km von seinem Arbeitsplatz entfernt und radelt zur Arbeit. „So starte ich ganz entspannt in den Tag“. Duschen und Umkleideräume seien vorhanden, ebenso Luftstation und Reparatursets. „´Umsteiger` locken wir zudem mit attraktiven Angeboten, wie etwa 600 Stellplätze eigens für Fahrräder in unserer Tiefgarage“, erklärt Grendel.

Großzügige und kostenlose Lade-Infrastruktur für E-Autos

Lust aufs Umsteigen könnten auch die betriebseigenen E-Bikes machen, mit denen Dräger-Mitarbeiter bei Bedarf zwischen den zwei Unternehmensstandorten in Lübeck pendeln. „Das wird sehr gut genutzt“, so Grendel. Grundsätzlich sei E-Mobilität auch bei Dräger ein großes Thema. „Wir sind ein guter Kunde bei Tesla und haben eine großzügige und kostenlose Lade-Infrastruktur etabliert.“ Trotzdem unterhält das Unternehmen auch eine klassische Dienstwagen-Flotte mit 1.400 Fahrzeugen. Um Mitarbeiter zu motivieren, einen möglichst verbrauchsarmen Fahrstil zu pflegen, bietet das Unternehmen eine personalisierte Verbrauchsübersicht an. „Die Angaben sind für alle außer dem Fahrer anonym“, betont Grendel. Doch auch die anonymisierte Auswertung führe kontinuierlich zu einem umweltfreundlichen Fahrverhalten, stellt er fest. Und: „Die erzielten Einsparungen kommen nicht etwa dem Unternehmen zu Gute, sie werden zu Spenden für Umweltprojekte.“ So hätten am Ende alle etwas von der zunehmenden Sensibilisierung, findet Grendel.
ys/kk

Quellen und weitere Informationen

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