SERIE: Windkraft

Wie sich Erneuerbare Energien in Steinen speichern lassen

2. März 2021
Vulkangestein als Stromspeicher? Ein Hamburger Pilotprojekt macht es vor. Teil 6 unserer Windkraft-Serie

Windkraft und Photovoltaik haben einen Makel: Sie sind volatil. Das bedeutet, dass sie schwankende Erträge liefern. Die Lösung, um einen gleichförmigen Stromfluss zu erreichen: Speicher. Eine besonders innovative Variante testet der Technologiekonzern Siemens Gamesa mitten in der Hansestadt Hamburg. Sechster und letzter Teil unserer Serie zum Thema Windkraft von Daniel Hautmann, Wissenschaftsjournalist, Wahlhamburger und Experte für Erneuerbare Energien.

Thermische Batterie mit 1.000 Tonnen Vulkangestein und XXL-Heißlufthöhn 

Mitten in Hamburg, auf dem Gelände des Aluminiumherstellers Trimet Aluminium SE in Altenwerder, wird mit überschüssigem Strom ein massiv isolierter Steinhaufen erhitzt. Es ist eine gigantisch große Batterie. Denn sie dient dazu, überschüssigen Strom zwischenzuspeichern. Das erledigt ein gigantisch großer Heißluftföhn. Er bringt die Steine auf 600 Grad Celsius. Da die Steine gut isoliert eingepackt sind, halten sie die Wärme über mehrere Tage. Insgesamt speichern sie rund 30 Megawattstunden Strom. Bei Strombedarf wird die Hitze wieder entnommen, und treibt mit ihrem Dampf eine Turbine und diese wiederum einen Generator mit 1,5 Megawatt Leistung an. Die Anlage produziert dann bis zu 24 Stunden lang Strom – und kann damit rechnerisch 1.500 deutsche Haushalte versorgen oder rund 50 Elektroautos aufladen.

Das Aufladen der thermischen Batterie dauere etwa sechs Stunden und der Temperaturverlust beträgt nur rund 15 Grad Celsius, heißt es. Die Versuchsanlage ist in etwa so groß wie ein olympisches Schwimmbecken. Der 22 Meter lange, elf Meter breite und elf Meter hohe Betonbau ist mit rund 1.000 Tonnen Vulkangestein gefüllt.

Strom-Wärme-Strom-Energiespeicher

2019 entstand das „Future Energy System – FES“. Energiewirtschaftlicher Partner ist die Hamburg Energie GmbH, die den Speicher auf den Strommärkten erprobt. Erneuerbare Energien stehen bei reichlich Wind und Sonne in großen Mengen zur Verfügung, oft mehr, als die Stromnetze heute transportieren können. Speicher dienen dazu, produktionsschwache Zeiten zu puffern, wenn etwa Flaute und Dunkelheit herrscht. Viele Speichertechnologien bieten begrenzte Kapazitäten oder sind zu teuer. Siemens Gamesa entwickelt daher in einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekt eine besonders kostengünstige Speichertechnologie.

Neue Nutzung für abgeschaltete Kohlekraftwerke?

Beteiligt an dem innovativen Speicherkonzept sind neben dem Energieversorger Hamburg Energie auch das Institut für Technische Thermodynamik der Technischen Universität Hamburg. Die TU Hamburg erforscht die thermodynamischen Grundlagen der verwendeten Schüttgut-Technologie. Eine Idee der Forscher ist es beispielsweise, stillgelegte Kohlekraftwerke zu Grünstromspeichern umzufunktionieren. Ist ja naheliegend: Die gesamte Infrastruktur ist vorhanden.

Ein Gastbeitrag von Daniel Hautmann, freier Wissenschaftsjournalist und Buchautor

Quellen und weitere Informationen

    Das Buch

    Buch-Cover

    Der Mensch nutzt die Windkraft schon seit Jahrtausenden. Mit dem fortschreitenden Klimawandel und der Umstellung der Energieversorgung auf regenerative Energien wird die Nutzung des Windes wichtiger denn je. Daniel Hauptmann zeigt in diesem Buch, was mit der Kraft des Windes noch alles möglich ist, wenn man die Innovationskraft zahlreicher Erfinder und Investoren im großen Maßstab hinzuaddiert. Dabei geht er über die gewöhnliche Perspektive der Windkraftnutzung zur Erzeugung von elektrischem Strom hinaus. Er zeigt anhand faszinierender Beispiele, was Wind bewegen kann – von segelnden Frachtschiffen über windbetriebene Rennwagen bis zu schwimmenden Windturbinen. Bei jedem Beispiel geht der Autor auf technische Fakten und die Umweltwirkung ein.

    Daniel Hautmann: Windkraft neu gedacht – erstaunliche Beispiele für die Nutzung einer unerschöpflichen Ressource, Hanser Verlag, München 2020, 229 Seiten, gebundene Ausgabe 39,99 Euro, als E-Book 31,99 Euro.

    Über den Autor

    Daniel Hautmann, Jahrgang 1975, schreibt seit rund 20 Jahren als freier Wissenschaftsjournalist über Technik, Energie und Umwelt. Er ist ausgebildeter Industriemechaniker und Fachzeitschriftenredakteur. Hautmann hat sich vor allem auf regenerative Energien spezialisiert, insbesondere auf das Thema Windkraft. Er surfte bereits mit einem Windsurfweltmeister um die Wette und flog mit der Kunstflug-Europameisterin kopfüber im Segelflugzeug. Seine Texte sind unter anderem in Brand Eins, Technology Review und der Süddeutschen Zeitung erschienen. Darüber hinaus moderiert er gelegentlich fürs Radio, produziert Podcasts und schreibt Bücher. www.danielhautmann.de

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