Hamburger Seuchenschutz-Konzept als Blaupause für europäische Häfen

Die Corona-Pandemie hat das Bewusstsein der Bevölkerung für die Gefahren durch Infektionen auf ein neues Niveau gehoben. Das Hamburg Port Health Center (HPHC), die Universitätsmedizin Greifswald und das Hamburgische Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM) arbeiten bereits seit 2019 an neuen Konzepten zum Seuchenschutz. Im Rahmen des rund dreijährigen Projekts ARMIHN (Adaptives Resilienz Management im Hafen) haben die beteiligten Partner Konzepte für Einsätze in sogenannten Großschadenslagen mit vielen Erkrankten erarbeitet. Im Fokus standen dabei Kreuzfahrtschiffe. Die Hamburg News fassen die Ergebnisse zusammen.
ARMIHN: Algorithmus zur Triagierung
Bei dem Vorhaben ging es vor allem um eine verbesserte Handlungsfähigkeit von Rettungskräften sowie Hafen- und Gesundheitsbehörden, wenn es zu einem Massenanfall von Erkrankten im Hafen oder auf einem Schiff kommen sollte. Durch den internationalen Reiseverkehr ist es in den letzten Jahren mehrfach zum Ausbruch von schwerwiegenden Infektionskrankheiten in Europa gekommen. Zudem könnten Kreuzfahrtschiffe ein mögliches Ziel für potenzielle terroristische Angriffe mit Biowaffen sein. Darüber hinaus bilden Häfen die Schnittstelle zwischen See und Land.
Besonders innovativ ist hierbei ein neuartiger, digitaler Ansatz zur Vereinfachung der Triage von Betroffenen. Im Ernstfall benötigen Rettungskräfte und Gesundheitsbehörden möglichst schnell Informationen, bei wie vielen und welchen Personen ein dringender Behandlungsbedarf besteht. Für die Erfassung der Lage vor Ort wurde im Rahmen von ARMIHN eine IT-Anwendung entwickelt, die das medizinische Personal dabei unterstützt, über die weitere Behandlung der Erkrankten zu entscheiden. Der Algorithmus zur Triagierung erlaubt dabei eine elektronisch abrufbare Übersicht über Anzahl und Zustand der infektiösen Patient:innen. Dadurch soll sich die Kommunikation aller Beteiligten vereinfachen und so eine bessere Planung und Koordination vorhandener Einsatzkräfte und -materialien ermöglicht werden.
Erkenntnisse für andere Häfen adaptieren
Die Praxistauglichkeit des Konzepts wurde nach Aussage der Projektpartner in mehreren Übungen getestet. Andere Städte haben nun die Möglichkeit, sowohl die Ergebnisse zu nutzen und für den eigenen Hafen anzupassen. „Für Hamburg haben wir mögliche Fälle gründlich durchdacht und alle relevanten Beteiligten einbezogen. Die Ergebnisse stellen wir anderen Hafenstädten als good practice zur Verfügung, sodass andere auf unsere Erfahrungen zurückgreifen können“, erläutert Dr. Martin Dirksen-Fischer, Leiter des Hafenärztlichen Dienstes und ARMIHN-Verbundkoordinator. Und Gesundheitssenatorin Dr. Melanie Leonhard ergänzt: „Wenn es um den Gesundheitsschutz geht, stehen Europas Hafenstädte vor ähnlichen Herausforderungen. Deswegen ist es sinnvoll, dass wir in diesen Fragen voneinander lernen.“ Es sei wichtig auf Situationen vorbereitet zu sein, in denen Hafenstädte angesichts globaler Handels- und Verkehrsströme mit möglicherweise schwer einschätzbaren Infektionskrankheiten an Bord von Schiffen konfrontiert seien.

Kooperation von Akteuren getestet
Das Projekt ARMIHN wurde mit 634.000 Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Im Rahmen des Projekts wurde mitunter die Kooperation unterschiedlicher Akteure getestet, die im Ernstfall im Hafen zusammenarbeiten – darunter Feuerwehr und Rettungsdienst, Hafenärztlicher Dienst, Sozial- und Gesundheitsbehörden, Hamburg Port Authority, das Havariekommando, externe Firmen und Sicherheitspersonal.
ys/sb
Projekt ARMIHN
Das Projekt Adaptives Resilienz Management im Hafen (ARMIHN) lief von März 2019 bis Dezember 2021. Neben dem HPHC, das zum Institut für Hygiene und Umwelt (HU) gehört, waren auch das Hamburger Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM) des Universitätsklinikum Eppendorf sowie die Klinik für Unfall-, Wiederherstellungschirurgie und Rehabilitative Medizin der Universitätsmedizin Greifswald als Verbundpartner beteiligt. Die Feuerwehr Hamburg hat das Projekt als assoziierter Partner begleitet. Die technische Übungsplattform wurde von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) entwickelt.