Forschung

Calls for Transfer: Mini-Implantate für die Krebsdiagnostik

21. März 2023
Neue Serie. Hamburg fördert 15 neue Projekte, um kluge Ideen aus der Wissenschaft in die Praxis zu bringen. Hamburg News stellt sie vor

Krebserkrankungen sind die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Entsprechend intensiv wird an Therapien geforscht. Doch ebenso wichtig ist eine exakte Diagnostik. Ein Wissenschaftsteam der Technischen Universität Hamburg (TUHH) verfolgt den Ansatz, Tumore anhand der Sauerstoffkonzentration im Gewebe möglichst präzise zu charakterisieren – und wird dabei durch das Förderprogramm Calls for Transfer (C4T) unterstützt. Das gilt auch für ein weiteres TUHH-Projekt, das die Behandlung von Krankheiten, wie Epilepsie, Depression oder Parkinson zum Ziel hat. Seit 2018 können sich Wissenschaftler:innen aus Hamburger Hochschulen für das von der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke (BWFGB) geförderte Programm qualifizieren. Im Januar fiel der Startschuss für den achten Call und somit für 15 neue Projekte aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen. Insgesamt ist eine Fördersumme von gut 443.000 Euro ausgeschüttet worden. Die Hamburg News stellen in einer neuen Serie verschiedene Projekte vor. Heute: medizinische Anwendungen.

TUHH: Implantat soll Tumor in Echtzeit überwachen

Ob ein Tumor seine Größe beibehält oder wächst, wird aktuell durch regelmäßige Arztbesuche mit aufwändigen bildgebenden Verfahren oder Biopsien überprüft. Die Messung der Sauerstoffkonzentration im Gewebe des Tumors ist eine Alternative, an der das Team um Professor Andreas Bahr, Leiter des Instituts für Integrierte Schaltungen (IIC), an der TUHH forscht. Ziel des Projekts PI-O-TU „Photolumineszenz-Lebensdauer-Imager für das Sauerstoff-Monitoring in Tumoren mittels Einzelphotonendetektoren“ ist ein elektrisch aktives Implantat, das die Entwicklung von Tumoren in Echtzeit über einen längeren Zeitraum überwacht und so etwa den optimalen Zeitpunkt für eine Bestrahlungs- oder Chemotherapie anzeigt. „Um den Weg für zukünftige miniaturisierte und implantierbare Lösungen zu ebnen, wird im Rahmen des C4T-Projekts ein Demonstrator für einen hochpräzisen Sauerstoffsensor auf Basis von Photolumineszenz-Lebenszeit-Messung aufgebaut, mithilfe dessen die Eignung des Verfahrens des Sauerstoff-Monitorings untersucht werden kann“, erklärt Professor Bahr. Und Julian Singer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut, ergänzt: „Das IIC arbeitet bereits an hochpräzisen Einzelphotonendetektoren sowie miniaturisierten Lichtquellen für die medizinische Anwendung. Der Demonstrator soll nun das Funktionieren des implantierbaren Systems mit präziser Sensorik bei geringer Größe und Leistungsverbrauch verifizieren.“ Ist der Demonstrator erfolgreich, wäre das ein maßgeblicher Schritt zur Realisierung von Implantaten für die Tumordiagnostik.

Erste Version eines optischen Sensorchips

Gehirn-Maschinen-Schnittstelle mit Mini-Implantat

Auch im Projekt „Hochintegrierter Optoelektronischer Mehrkanal-Stimulator zur Modulation Neuronaler Aktivität“ (Optro Mod), steht die Entwicklung eines Implantats im Fokus sowie der Bau eines Demonstrators, um die Forschungsidee zu verifizieren. Und die besteht bei Optro Mod in der Entwicklung eines neuen Werkzeugs, um die Funktion des Gehirns besser zu verstehen und möglicherweise eine bessere Behandlung für Krankheiten wie Parkinson, Epilepsie oder Depression zu entwickeln. Wiederum sind es Forscher der TUHH, die sich mit ihrem Projekt beim achten C4T-Call durchsetzen konnten – und wiederum unter der fachlichen Leitung von Professor Andreas Bahr, der von Anton Geläschus, wissenschaftlicher Mitarbeiter am IIC, unterstützt wird. Das Team forscht an einer steuerbaren Gehirn-Maschinen-Schnittstelle, die mit Lichtimpulsen Neuronen in einer bestimmten Art anregt. Sie sollen entweder zur Aktivität oder Inaktivität gezwungen werden. „Auf Basis des Demonstrators soll im Rahmen einer Anschlussförderung die erste Version eines miniaturisierten Implantats als integrierter Schaltkreis produziert werden, der digital gesteuerte, leistungs- und flächenoptimierte LED-Treiber beinhaltet“, erläutert Professor Bahr. Geläschus skizziert das langfristige Ziel: „Die Entwicklung eines hoch miniaturisierten Implantats, das kabellos implantiert werden kann und damit Langzeitstudien ermöglicht, ohne Probanden in ihrer Bewegung einzuschränken und ohne, dass die Gefahr von Infektionen an offenen Zugängen besteht.“

Calls 4 Transfer – die Wirkmacht interdisziplinärer Zusammenarbeit

Der achte Call verdeutlicht die Wirkmacht interdisziplinärer Zusammenarbeit, betont Mareike Post, Projektleiterin der Fördermaßnahme Calls for Transfer. „Die Zusammenführung von Nanotechnologie und Medizin ermöglicht die Entwicklung bahnbrechender Implantate, die zur Krebsdiagnostik beitragen könnten oder auch durch Gehirn-Maschinen-Schnittstellen Krankheiten, wie Epilepsie, Depressionen oder Parkinson, den Kampf ansagen. So verdeutlichen diese Wissenschaftler:innen die Kraft von Kooperationen, durch die wahrhaft Neues entsteht.“
ys/sb

Quellen und weitere Informationen

Calls for Transfer

Das von der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke (BWFGB) der Freien und Hansestadt Hamburg finanzierte Förderprogramm Calls for Transfer‘​​​​​​​ befindet sich in Trägerschaft der Technischen Universität Hamburg (TUHH). Das Projekt wird von Hamburg Innovation aktiv umgesetzt und koordiniert, wobei das Gremium unabhängig entscheidet.

Die Hamburg Innovation GmbH ist eine privatwirtschaftlich organisierte Wissens- und Technologie-Transfereinrichtung der staatlichen Hamburger Hochschulen. An der Schnittstelle zwischen Hochschulen, Unternehmen und öffentlicher Hand ist das Team mit dem Ziel aktiv, unternehmerisches und wissenschaftliches Potenzial gewinnbringend zu vernetzen und nachhaltig Werte für Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu schaffen.

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